Eigene Laufenten

Wer Laufenten halten und oder gar züchten möchte, sollte bedenken, dass diese Tiere Schnecken zwar sehr gerne haben, aber bei einem unproportionalen Verhältnis von Gartengröße und Entenanzahl durchaus einen viel größeren Ernteschaden anrichten können als die Schnecken selber. So jedenfalls lehrte uns die Erfahrung mit unseren insgesamt 11 „Nachwuchskräften“. Denn wenn plötzlich 26 Beine und 13 Schnäbel Tag für Tag den Garten unsicher machen, bleibt von dem, was dir lieb und teuer ist, oft nicht mehr viel übrig. Unsere Entenküken jedenfalls liebten beispielsweise exzessive Salat-Buffets und Massen-Siestas auf jungen Kartoffelbeeten. Hier ein kleiner Bericht auf unsere ganz persönlichen Erfahrungen.

Gleich vorweg: Meine Erfahrungen liegen mindestens zehn Gärten zurück, aber sie haben wunderschöne Spuren hinterlassen: Bis heute erinnere ich mich gern an den skurrilen Gang, die putzige Neugier, die schnatternde Geselligkeit der Laufenten und die einzigartige Art und Weise, wie sie sich um ihre zweitliebsten Lieblings-Leckerbissen (gekochte Spaghetti) balgen.

„Auf die Ente“ hatte mich ursprünglich die Idee gebracht, ein probates Mittel gegen Schnecken zu finden, die in meinem damaligen Garten ein Eldorado gefunden zu haben schienen. Und tatsächlich: Nachdem Lucy und Paco ihr kleines Enten-Häuschen bezogen hatten ließ der Schneckendruck schon nach ein paar Wochen merklich nach. Die rundlichen Enden ihrer Entenschnäbel durchforsteten jedes noch so kleine Eckchen sorgfältig nach den glitschig-schleimigen Leckerbissen. Sie achteten bei ihrer Arbeit zwar wenig auf die umliegende Bepflanzung, aber das störte in dem großen Garten auch nicht. Denn während sie sich ihre wunderschönen Entenfüße an der einen Ecke vertraten, hatte die Pflänzchen an der anderen Ecke genügend Zeit, sich wieder aufzurichten.

Irgendwann fing Lucy an, sich auffallend oft im Stall aufzuhalten und mit ihrem Schnabel eifrig aber scheinbar ziellos im Stroh herumzuzupfen, bis langsam eine sanfte Mulde Gestalt annahm und ahnen ließ, welchem Ziel ihr Eifer galt. Denn plötzlich lag ein erstes Ei darin. Ich war furchtbar aufgeregt und verfolgte mit Spannung die nächsten Tage. Da kam dann ein Ei nach dem anderen dazu und die Prozedur schien kein Ende nehmen zu wollen. Bis Lucy dann am 11. Tag nicht mehr aus dem Stall kam.

Wir wussten nicht, ob wir uns Sorgen machen sollten. Denn von nun an verließ sie ihr Nest nur noch einmal am Tag, um in größter Eile einen riesen Haufen auf dem Weg zum Teich zu hinterlassen, um sich hier in hastigen Schlucken unter der laufententypischen Weise das Wasser die Kehle hinunter rinnen zu lassen und sich auf dem Weg zum Nest noch schnell den Schnabel mit Futter vollzustopfen.

Es war verrückt und wir begannen uns ernsthafte Sorgen um sie zu machen. Bis nach etwa 30 Tagen plötzlich seltsame Geräusche aus dem Stall zu hören waren. Beim Blick durch die Stalltür wagten wir unseren Augen kaum zu trauen, als das erste Küken unter Lucys wunderschönem Gefieder zu sehen war und kurz darauf das dritte und vierte und so weiter. Nur die letzten beiden Köpfchen ließen sich Zeit, während die anderen schon damit anfingen, aus dem Nest herauszukrabbeln.

Es ist wirklich ein Wunder, der Natur bei ihrem Wirken zusehen zu dürfen. Man fühlt sich als der erste Mensch, dem diese Ehre zuteil wird. Wie selbstverständlich diese kleinen Plüschkugeln um ihre Mutter rennen, als wäre ihnen das Laufen sozusagen in die Eierschale gelegt. Und als die Entenmutter schließlich ihre ersten Schritte machte, trat sie versehentlich immer wieder auf eines der 11 Küken, die sich eng um ihre Entenbeine drängten und dabei aufgeregt vor sich hinpiepten. Das schien die Kleinen aber nicht zu stören, den sie rannten schon wieder weiter, kaum dass der Fuß der Mama von ihnen abgelassen hatte. Wie kleine aufgezogene Spielzeug-Küken.

Und schon ein paar Minuten später rannten alle mit der gleichen Selbstverständlichkeit die Rampe herunter, die wir für den Nachwuchs aus einem Kunstrasen gebaut hatten. Sie schwammen wie kleine Wattebäuschen auf der Wasseroberfläche – immer hin- und hergerissen zwischen Neugier und der Suche nach der sicheren Nähe ihrer Entenmutter.

Wenn mich jemand fragen würde, ob ich die Haltung und Zucht von Laufenten empfehlen würde, würde ich rückblickend antworten: Wenn du diese wunderbaren Tiere nicht nur als Schneckenbekämpfungsmittel betrachtest, sondern sie auch um ihrer selbst willen halten und achten möchtest, wenn du bereit bist, dich mit ihrer Haltung vorher ausführlich auseinanderzusetzen und für die nötigen Voraussetzungen (Schwimmteich, Wasserstelle, winter- und fuchssicherer Stall, genügend Auslauf, abgezäuntes Gelände, etc.) sorgst, wirst du eine unendlich große Freude an deinen Laufs haben und dich an ihnen und ihrem lustigen Miteinander nicht sattsehen können.

Spätestens beim Thema Nachwuchs solltest du dich ausführlich mit den dafür nötigen Voraussetzungen beschäftigen, und dir vor allem (ganz wichtig!!!) vorher überlegen, wer dir später deinen Nachwuchs abnehmen kann. Denn spätestens wenn ein paar kleine Erpel ins Spiel kommen, dürfte das früher oder später dazu führen, dass du zusätzliche Gehege bauen oder eben „outsourcen“ musst. Und es ist verdammt schwer, für Erpel ein gutes Zuhause zu finden, auch weil die Halbstarken recht schnell zum Kerl werden und unter Umständen schon bald bald Revierkämpfe beginnen können.